Krebs und Kristall
Krebs und Kristall haben hier etwas gemeinsam: Beide waren im Wasser gewachsen. Das könnte
jene verwundern, die solche Objekte
unterbewusst
den alten Kategorien "Tierreich" und "Mineralienreich" zuordnen, mit
der Vorstellung, im Mineralienreich seien Gebilde meist sehr
alt und bei hoher Temperatur entstanden.
Das ist hier anders, denn die wohlgeformten Quarzkristalle in der Höhle
rechts unten waren viel später entstanden als
das "Feenbad" im Häutungsrest eines Kleinkrebses
(Abb.1). Die Illusion einer Muschelschale als Badewanne, ein
beliebtes Motiv der Maler, entsteht hier durch die waagerechte
Trennlinie, die an Wasser und Dampf denken lässt. Wie schon im
Zusammenhang mit ähnlichen Gebilden erwähnt, sind solche "Wasserwaagen"
keine verkieselten Wasseroberflächen. Es sind verkieselte Grenzflächen
zwischen Wasser und wässriger Suspension. (Siehe
Rhynie
Chert News 142,
143,
144,
145.)
Abb.1: Häutungsrest eines Krebses mit auffälliger Füllung, Höhle
mit Quarzkristallen.
Bildbreite 4.3mm.
Die abgestreifte Haut voll kieselhaltigen Sumpfwassers war ein nahezu
geschlossener Raum, wo SiO2-Cluster entstanden
und sich als Suspension absetzten. Weiterer Zufluss von SiO2
durch Diffusion verwandelte die Füllung und
die Umgebung der Haut, mit Ausnahme der großen Höhle rechts unten, in
festen Chalzedon.
Es ist sehr wahrscheinlich die Haut des Krebses Castracollis,
benannt nach der Farm
Castlehill bei Rhynie,
2003
erstmals publiziert [1]. Ein anderer Häutungsrest (Abb.2) auf der
gleichen Schnittfläche des Fundstücks unterstützt diese
Deutung.
Abb.2: "Kopfschutz" von Castracollis,
kompliziert geformt, ungefähr Querschnitt. Bildbreite
2mm.
Offenbar ist die Form des Kopfschutzes, bekannt als Kopfschild, nicht
leicht als Ganzes vorstellbar. Klarer Chalzedon in Abb.2 oben bietet
ein räumliches Bild eines stark einwärts gekrümmten Randes. Wie zu erwarten, sind die wenigen vorhandenen zufälligen Schnitte
verschieden voneinander, und sie passen
nicht gut zur Rekonstruktion
des Krebses in [1]. (See Rhynie
Chert News 24.)
Eine Einzelheit in Abb.2 zeigt,
dass hier wirklich ein organisches Gebilde vorliegt: Der
gelbe Riss rechts folgt auf einem kleinen Stück des Weges dem stark
gekrümmten Teil der Oberfläche rechts oben.
Die
Höhle mit Quarzristallen in Abb.1 verlangt eine Erklärung. Im Sumpf
steigen Gasblasen auf oder bleiben hängen. Beginnende Verkieselung des
umgebenden Wassers kann die Blasen stabilisieren. Später entweicht das
Gas infolge
Diffusion durch das Kieselgel,
und auf gleiche Weise dringt kieselhaltiges Wasser ein. Unter
konstanten Bedingungen bei schwacher Übersättigung können
langsam gut ausgebildete Quarzkristalle
wachsen.
Später verschwand das Wasser und hinterließ die Höhle so wie wir sie jetzt
sehen.
Fundstück:
Rh6/53, 2003 gefunden von S.
Weiss, dieser
Teil 8
(Endstück) an Barron
übergeben.
H.-J.
Weiss 2019
[1] S.R. Fayers,
N.H. Trewin: A new crustacean from the Early
Devonian Rhynie Chert ...
Trans.Roy. Soc. Edinburgh,
Earth Sci.
93(2003), 355-382.
|
|
147 |