Der Hornstein von Rhynie aus dem Unter-Devon, bekannt für gut erhaltene Fossilien von
Pflanzen und kleinen Tieren, kann auch umfangreiche Informationen zu
Vorgängen vor und während der Verkieselung liefern.
Abb.1: Rhynie Chert: Blasen zwängen sich durch Mikrobenschichten vor
oder während der Verkieselung. Bildbreite 10mm.
Am auffälligsten in Abb.1 ist ein früherer Hohlraum, jetzt gefüllt mit
waagerechten Chalzedonschichten und Quarz. Die Schichtung war
aus Kiesel-Emulsionen
entstanden, die sich
im wassergefüllten Hohlraum gebildet hatten. Der
schwarze Bodensatz mit leicht gewellter Oberfläche ist ein
kleines Rätsel, das hier nicht betrachtet werden soll. Wie man leicht
erraten kann, waren die jetzt gefüllten Hohlräume früher Gasblasen im
Wasser. Über und
unter der wässerigen Lage mit den breiten Blasen sieht man Schichtstapel anderen Typs: ungefähr
waagerecht, zweifellos
mikrobiellen Ursprungs, der obere (am oberen Bildrand) durchgehend und stellenweise erodiert,
der untere von röhrenförmigen Hohlräumen durchdrungen. Es ist nicht bekannt, ob und in welcher Weise
ein Zusammenhang mit den aufrecht gewachsenen wenige µm dicken
Mikrobenfäden besteht, die in Abb.2 gebündelt (nicht einzeln) zu sehen
sind. Die Ähnlichkeit zu den Fäden der Blaualge
Croftalaniavenusta im
gleichen Fundstück war schon an einem anderen Fundstück bemerkt worden
[1], das anscheinend dem hier beschriebenen [2] sehr ähnlich ist.
Abb.2: Fädige Blaualgen (Cyanobacterien), senkrecht durch ehemals
waagerechte Schichten gewachsen, die sich an den Rändern der Hohlräume
rechts und links gesenkt haben.
Bildbreite 1.8mm.
Abb.1 vermittelt die Vorstellung, weiter unten erzeugtes Gas
habe sich Wege nach oben durch einen Stapel von Mikrobenschichten
gebahnt, bis es in einer wässerigen Lage als breite Blasen stecken
blieb. Die anfangs waagerechte Schichtung ist
dort deformiert, wo die aufsteigenden Blasen senkrechte Röhren
hinterlassen haben. Hier gibt es unerwartet einen scheinbaren
Widerspruch. Die aufsteigende Blase sollte jede
Schicht ein wenig nach oben gebogen haben, wo sie sich hindurch
gezwängt hatte. Folglich erwartet man am Rande der Röhren einen
bleibenden Rest einer Biegung nach oben, aber man findet Biegung nach
unten.
Das Wesentliche an dieser unerwarteten Erscheinung kann mit folgendem
Gedankenexperiment verständlich werden: Gegeben sei ein Material mit
extrem niedrigem Elastizitätsmodul, wie Gel, hergestellt aus Gelatine
und sehr viel Wasser. Aus der waagerechten Oberfläche werde ein
senkrechter Zylinder geschnitten. Das nimmt den Schweredruck von der
Wand des zylindischen Hohlraums, wobei sich das Gel unter der eigenen
Last nach innen und unten verschiebt, bis das
mechanische Gleichgewicht wieder herstellt ist. Wenn das Gel anfangs
durch waagerechte Linien markiert wäre, könnte man die Absenkung direkt
sehen, ähnlich wie in Abb.1. Der
weniger anschauliche erste Teil des Vorgangs mit einer aufsteigenden
Gasblase, die in einem Material mit unbekannten rheologischen
Eigenschaften einen röhrenförmigen Hohlraum hinterlässt, ist hier nicht
näher betrachtet worden.
Jede versuchte Erklärung der frühesten Stadien der Verkieselung sollte berücksichtigen, dass die
mechanischen Eigenschaften so unübersichtlicher Systeme wie das hier betrachtete, mit ausgerichteten
Anordnungen mikrobieller Fäden, mehr oder weniger ummantelt mit
organischem oder anorganischem Gel, im Wasser frei
beweglich oder teilweise zusammenhängend, erwartungsgemäß von jenen der
üblichen Flüssigkeiten und Festkörper abweichen.
H.-J.
Weiss
2015
[1] M. Krings, H. Kerp, H. Hass, T.N.
Taylor, N.
Dotzler: A filamentous
cyanobacterium showing structured colonial growth from the Early
Devonian Rhynie chert.
Rev. Palaeobot. Palyn.
146(2007), 265-276.
[2] H.-J. Weiss:Croftalania venusta
and other Lower Devonian microbes. Rhynie Chert
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