Die im Hornstein von Rhynie am leichtesten erkennbaren Sporangien sind
jene von Aglaophyton.
Sie sind oft längs gespalten (Abb.1) und lassen manchmal eine deutliche
Verdrillung in der Zellstruktur der Außenwand erkennen. Das führte zu
der Annahme, die spiralige Struktur sei möglicherweise eine Folge des
Aufreißens [1], wie es von den Hülsen einiger Leguminosen bekannt ist,
wo die während der Reife aufgebauten mechanischen Spannungen sich durch
plötzliches Bersten entladen, wobei die Samen verstreut werden und die
Hälften der Hülse sich verdrehen.
Abb.1 (links außen): Querschnitt eines längs
gespaltenen, leeren Sporangiums von Aglaophyton, Ränder überlappend, innere Wandschichten nicht mehr vorhanden infolge
Zersetzung. Man beachte die waagerechten Achatbänder, die belegen, dass das
Sporangium während der Verkieselung nicht aufrecht stand.
Abb.2 (oben): Seitenansicht eines
nicht gespaltenen Sporangiums von Aglaophyton mit "Rechtsgewinde", (rechts oben abgeschnitten).
Es gibt zahlreiche Belege dafür, daß die
verdrehte Struktur
nicht durch das Aufreißen zustande kam, sondern ein charakteristisches
Merkmal dieser Sporangien ist. Abb. 2 zeigt einen Blick auf die
Außenseite eines Sporangiums, das dicht unter der Schnittfläche liegt.
Anscheinend ist das Sporangium nicht längs gespalten, aber deutlich
verdreht. (Siehe auch Rhynie
Chert News 62) .Weitere Nachweise ergeben sich aus schrägen Schnitten nicht
gespaltener Sporangien (Abb. 3). Die Zellen der Sporangienwand
erscheinen breiter auf der einen Seite des Sporangiums und schmaler auf
der anderen, so wie man es von länglichen Zellen erwartet, deren
Anordnung im wesentlichen parallel zur Längsrichtung der Kapsel ist,
aber schwach verdreht: Die Neigung so angeordneter Zellen zur
Schnittfläche ändert sich längs des Umfangs, und damit ändert sich
deren scheinbare Breite*.
Abb.3: Schräger Schnitt eines
Sporangiums von
Aglaophyton, dessen spiralige Struktur sich als scheinbar veränderliche
Breite der Zellen längs des Umfangs bemerkbar macht. Photographs
by
H.
Sahm.
In [1] wird eine solche Anordnung von Zellen mit Vorzugsrichtung
gezeigt, die zu einem Sporangium mit Linksgewinde zu gehören scheint,
also mit anderem Drehsinn als in Abb.1. Das ist verdächtig, denn die
Natur bevorzugt oft einen bestimmten Drehsinn. Der Verdacht
führt
auf folgende Idee: Das Bild in [1] wurde mit der Peel-Technik erhalten,
die ein Spiegelbild des Objekts liefert und so Rechtsgewinde und
Linksgwinde vertauscht, wenn man die Spiegelung vor dem Druck des
Bildes nicht wieder rückgängig macht.
In diesem Zusammenhang ist
es interessant, verdrehte Sporangien einiger anderer früher
Landpflanzen (Rhynia, Huvenia, Torticaulis) und heutiger Moose zu
betrachten. In [2] findet man Sporangien der gleichen Art mit
unterschiedlichem Drehsinn, ohne daß der Unterschied erwähnt wird.
Anscheinend
wird in der Botanik oft nicht darauf geachtet, daß auf dem Wege vom
Objekt zum Bild der Drehsinn erhalten bleibt. Angesichts dieser
Situation wäre es interessant herauszufinden, ob der Drehsinn von
Sporangien ein Verwandtschaftsmerkmal ist und somit als nützlicher
Parameter in der Kladistik dienen kann.
H.-J. Weiss
2005
* Anmerkung 2014: Der spiraligen Anordnung der
Zellen ist eine noch nicht untersuchte Asymmetrie überlagert. Diese ist
auch in Abb.3 erkennbar. Siehe auch Rhynie
Chert News 65 .
[1] David
S. Edwards : Aglaophyton
... , Bot. J. Linnean Soc.
93(1986), 173-204.
[2] P.
Kenrick, P.R. Crane : The origin and early
diversification of land plants, Smithsonian Institution Press,
Washington, 1997.