Schrittweise Verkieselung erschlossen aus fossilen Pilzhyphen 
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Unterschiede in Färbung und Helligkeit des Chalzedons in Abb.1 ermöglichen eine Rekonstruktion der Folge von Verkieselungsstadien. Das ist einfacher und überzeugender bei Anwesenheit hell ummantelter Pilzhyphen in dunkelbrauner Umgebung. Verkieselte Pilzhyphen, die außerhalb von Pflanzengewebe gefunden werden, konnten nur in wässriger Lösung gewachsen und dort verkieselt sein.

Horizontale Schichtstapel weisen auf unterbrochene Verkieselung hin, was noch erklärt wird. Die Reihe der Vorgänge, die sich auf der kleinen Schnittfläche dieses Fundstücks materialisiert haben, beginnt mit einer ehemaligen Sumpfgasblase, gefangen zwischen Pflanzenteilen.
complex silica deposits in Rhynie chert
Abb.1: Vielfältig strukturierte Füllung einer ehemaligen Sumpfgasblase im Rhynie Chert, links oben Längsschnitt der frühen Landpflanze Aglaophyton, unten ehemals waagerechte Schichten, überall ummantelte Pilzhyphen. Bildbreite 10mm.

Abb.2: Ausschnitt aus Abb.1. Hyphen eines wasserbewohnenden Pilzes mit Mantel aus hellem Chalzedon, dessen Dicke mit der Höhe über dem Boden variiert. Bildbreite 4mm.

complex silica deposits in Rhynie chert differentially coated fungus hyphae


Abb.3 (rechts): Ausschnitt aus Abb.1,2 mit zwei sehr kleinen Querschnitten ummantelter Hyphen, Durchmesser ca. 40µm, in der unteren dunklen Schicht. Bildbreite 1.6mm.


Die aus Abb.1-3 erschlossene Abfolge der Vorgänge ist hier aufgelistet:

(1) Frühe Landpflanzen wurden von einem Schwall kieselhaltigen Wassers überflutet und umgelegt.

(2) Eine Sumpfgasblase blieb zwischen Pflanzenteilen stecken.
(3) Die Lösung wurde übersättigt und schnell zu Kieselgel, bevor die Pflanzen sich zersetzten.
(4) Mit der Bildung von Kieselgel wurde die Gasblase stabilisiert.
(5) Nach dieser ersten Ablagerung entwich das Gas langsam durch Diffusion durch das umgebende Gel während gleichzeitig Wasser hinein diffundierte.
(6) Anders als das umgebende Gel bot die nun wassergefüllte Höhle einen Lebensraum für einen aquatischen Pilz. Hyphen breiteten sich im Wasser aus. 
(7) Viel später als die kleinen und deshalb schnellen Wassermoleküle diffundierten die schweren Kiesel-Komplexe in die Höhle und erhöhten dort langsam deren Konzentration.
(8) Offenbar wurde die Lösung wieder übersättigt, aber nur schwach, denn das Wasser wurde nicht zu Gel wie zuvor (3).
(9) Die Kiesel-Komplexe oder Cluster waren noch so klein, dass sie durch die thermische Bewegung gleichmäßig im Wasser verteilt wurden. Die Abscheidung begann als dünner heller Belag (ca. 20µm) auf Oberflächen, das waren die Wände des Hohlraums und die Hyphen. Das Ergebnis sieht man als dünne helle Schicht und als ummantelte Hyphen, Durchmeser ca. 40µm, im untersten Teil der Höhle (Abb.3).
(10) Später, als die Cluster größer geworden waren, sanken sie ab und bildeten eine Suspension mit deutlicher waagerechter Grenzfläche zum etwas leichteren Wasser. Das muss ein schneller Vorgang gewesen sein, denn der Durchmesser der oberen ummantelten Hyphe ist nicht größer als der der unteren: Wenn das Niveau langsamer gestiegen wäre, dann hätte die obere Hyphe einen dickeren Mantel bekommen, weil sie längere Zeit in der Lösung über der Suspension gestanden hätte. (
Der Begriff "Kolloid", oft gleichbedeutend mit "Suspension" verwendet, wird hier vermieden, weil er oft eine Flüssigkeit bezeichnet, deren suspendierte Teilchen so klein sind, dass sie sich nicht am Boden ansammeln und dort eine schwere Flüssigkeit bilden, die sich von der leichten Flüssigkeit abgrenzt.)  Die dunkle Färbung der Suspension wird möglicherweise durch Zerfallsprodukte wasserbewohnender Mikroben bewirkt. 
(11) Die Bildung dunkler Suspension endete. Diese verfestigte und wurde zur untersten Schicht dunklen Kieselgels, jetzt Chalzedon in Fig.1.

(12) Bei schwacher Übersättigung wiederholte sich der in (9) beschriebene Vorgang im verkleinerten Hohlraum. Der helle Belag ist jetzt deutlich dicker, folglich dauerte seine Bildung länger, und währenddessen wurde keine Suspension gebildet.  
(13) Danach wiederholte sich die Bildung von Suspension wie in (10) beschrieben, aber langsamer. Das steigende Niveau der Suspension stoppte das Wachsen des hellen Belags und des Mantels der Hyphen, sobald diese von der Suspension bedeckt waren.
(14) Das Niveau stieg nun so langsam, dass die höher gelegenen Hyphen dickere Mäntel bekamen. Das ist in Abb.2 sichtbar, wo der Durchmesser der ummantelten Hyphen unten 130µm ist und 200µm oben an der nächsten hellen Linie. 
(15) Inzwischen gab es im verkieselnden Sumpf eine Störung, so dass das neue Niveau, das in diesen Bildern als horizontale Linie gewählt wurde, gegen das alte Niveau geneigt ist.
(16) Die Bildung dunkler Suspension endete wieder. Wie zuvor verfestigte diese und wurde zur zweiten Schicht dunklen Kieselgels.

(17) In der Lösung darüber bildete sich ein dritter heller Belag an den neuen Wänden, sichtbar als dünne gerade Linie. Drei ummantelte Hyphen, in Abb.2 als Querschnitte, ragten zufällig über die neue Grenzfläche hinaus, so dass deren Mantel ungewöhnlich geformt wurde: untere Hälfte dünn, obere Hälfte dick.
(18) Ein dritter Zyklus stoppte wieder die Bildung hellen Gels.
(19) Wie in (16). Eine dritte dunkle Schicht war entstanden. 
 
(20) Während die unteren Schichten in Zyklen entstanden, umgaben sich die höher gelegenen Hyphen im wassergefüllten Hohlraum mit immer dickerer Ummantelung und bildeten eine große weiße Wolke aus Gel, mit einigen Einschlüssen von Wasser dazwischen.
(21) Schließlich haben Bildung und Verfestigung von Suspension auch dort die weitere Ummantelung mit hellem Gel beendet. Die dickste ummantelte Hyphe hatte einen Durchmesser von 540µm erreicht (Abb.1 oben).

Die Serie von Prozessen, die zu achat-artigen Bildungen und ummantelten Pilzhyphen in diesem ehemaligen Hohlraum führten, mag verwirrend sein, weshalb eine Zusammenfasssung sinnvoll ist:

Wässerige Suspensionen mit SiO2-Clustern entmischen sich, wenn die Cluster so groß sind, dass sie absinken und einen flüssigen Bodensatz mit waagerechter Grenzfläche gegen das darüber liegende Wasser bilden. Waagerechte ebene Flächen in Hornsteinen werden manchmal als ehemalige Wasseroberflächen gedeutet, es sind aber ehemalige derartige Grenzflächen. Millimetergroße Wasseroberflächen gegen Luft wären kugelförmige Blasen.
Nacheinander gebildete Suspensionen können verschieden gefärbt sein, aber hier sind sie alle dunkelbraun. Die Ursache kann vielleicht mit höherer Vergrößerung gefunden werden. 
Die helle Ablagerung ist keine
abgesetzte Suspension, weil sie auch als Ummantelung der Hyphen erscheint. Ebene helle Schichten konnten sich nur ablagern, wenn die braune Schicht darunter nicht mehr flüssig war und keine Neubildung von brauner Suspension im Gange war. Folglich muss die Bildung von Suspension mehrmals für eine Weile ausgesetzt haben und dann wieder begonnen haben. Ähnliches ist von Achaten bekannt, wo die "Bänder" offenbar zeitlich getrennt entstanden.
Aus der sortierten Anordnung der Hyphen bezüglich Dicke der Ummantelung ist zu schließen, dass das Wachstum der Hyphen auf eine frühe Zeitspanne beschränkt war, als das Wasser im Hohlraum noch so wenig Kieselsäure enthielt, dass kein Mantel sich bildete. Andernfalls, wenn Hyphen auch später gewachsen wären, gäbe es jetzt keine Beziehung zwischen Dicke und Höhe über dem Boden der Höhle.  


Abschließend ist festzustellen, dass das vorliegende Stück Rhynie Chert, mit hellen Belägen und dunkelbraunen waagerechten Schichten, auf periodisch unterbrochene Verkieselung hinweist, deren Ursache hier unbekannt bleibt.
Fundstück: Rh12/91, (0.31kg, Teil5: Scheibe 6-7mm), 2006 bei Smithston gefunden. 
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