Nothia-Sporangium nah betrachtet
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Nachdem A.G. Lyon 1964 gezeigt hatte, dass kleine Sporangien, die im Rhynie Chert oft neben Asteroxylon zu sehen sind, nicht dazu gehören, sondern zu einer anderen Pflanze, die er Nothia nannte [1], wurde letztere gründlich mittels Peel-Technik untersucht und das Ergebnis 1979 veröffentlicht [2]. Die dort abgebildeten Sporangien (Figs. 4 and 5 in [2]) zeigen nicht so viele Einzelheiten wie das hier abgebildete, möglicherweise wegen des kleinen Druckbildes. Deshalb wird hier ein größeres Bild eines Nothia-Sporangiums mit mehr erkennbaren Feinheiten geboten.
Nothia sporangium, gut erhaltenNothia sporangium, Wandstruktur

Sporangium von Nothia im Rhynie Chert. Man beachte die Querschnitte großer röhrenartiger Hohlräume in der Wand der Kapsel als Bestandteil einer komplexen Struktur mit unterschiedlichen Zelltypen. Die Lücke in der Sporangiumwand ist der Querschnitt des Öffnungsspaltes. Bildbreite 1.9mm.



Eine Folge evolutionärer Schritte muss nötig gewesen sein, um eine so komplexe Wandstruktur hervorzubringen. Eine höchst sonderbare Bildung sind einige röhrenartige "Riesenzellen", eingebettet in die Epidermis derart, dass jede nur als schmaler Streifen außen sichtbar ist, während der größte Teil in der Tiefe verborgen liegt [3]. Sie sind hier im Querschnitt zu sehen. Zunächst waren sie vorsichtig als Hohlräume analog zu Stoma-Kammern gedeutet worden [2], später in der ausführlichsten Veröffentlichung zu Nothia [3] als große röhrenartige Zellen, bis zu 1.6mm lang: "Das typischste Merkmal der Epidermis von Nothia aphylla ist das Vorhandensein der rätselhaften Riesenzellen."

Der vorliegende Fund bietet eine Überraschung: Einige der "Riesenzellen" sehen nicht so leer aus wie sie angeblich sein sollen. Im Innern sind Zellwände ausgehend von den Kanten der Nachbarzellen schwach sichtbar. Das legt die Annahme nahe, die angeblichen Riesenzellen seien aus einem Bündel schmalerer Zellen mit dünnen hinfälligen Wänden entstanden, die bei der Reifung des Sporangiums verschwanden. Wenn das während oder nach dem Zerfall des Zellplasmas geschah, kann der entstehende große Hohlraum nicht als Zelle bezeichnet werden. Was Riesenzellen genannt wurde, wären dann einfach geschlossene Hohlräume, aber eines anderen Typs als in [2] vermutet. Sie könnten als Wasserspeicher gedient haben [3] oder als hohle luftgefüllte Strukturelemente.
Eine subtilere Deutungsmöglichkeit folgt aus der Beobachtung, dass die "Riesenzellen" vorwiegend an den Luftsprossen und Sporangien vorhanden sind: Sie könnten mit giftiger oder abschreckender Flüssigkeit gefüllte Röhren sein, wie sie bei heutigen Pflanzen ein weit verbreitetes Mittel zur Abschreckung sind.
Manche der Milch erzeugenden Pflanzen schaffen sich ihre Röhren durch Auflösen der Wände zwischen benachbarten Zellen. Vielleicht war auch Nothia dazu fähg. Der Vorteil von Röhren für diesen Zweck ist offensichtlich: Beim Anzapfen durch einen Sporenfresser würde der Inhalt einer unter Druck stehenden Röhre sich reichlich ergießen und das beißende Tier mit klebriger Flüssigkeit besudeln, was tödlich sein kann.

H.-J. Weiss   2009


[1] A.G. Lyon: Nature 203 (1964), 1082-83.
[2] W.El-S. El-Saadawy, W.S. Lacey: Observations on Nothia aphylla,
      Rev. Palaeobot. Palyn. 27 (1979), 119-147.
[3] H. Kerp, H. Hass, V. Mosbrugger: New data on Nothia aphylla,
      in: P.G. Gensel, D. Edwards (eds.): Plants Invade the Land, N.Y. 2001.
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