Hornmilben-Koprolithen: Wunschdenken in der Wissenschaft
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Angebliche Sichtungen von Hornmilben-Koprolithen in paläozoischem Holz, ein beliebtes Thema der Paläobotanik weltweit, waren anscheinend in letzter Zeit seltener, aber doch Gegenstand von Veröffentlichungen, obwohl wiederholt darauf hingewiesen
wurde, dass solche Sichtungen das Ergebnis von oberflächlicher Beobachtung, schlechtem Urteilsvermögen und Wunschdenken sind. Das neueste Beispiel betrifft kantige Klumpen in Perm-Kieselholz (Abb.1), in [1] als Koprolithen gedeutet.
angular clots, no coprolites cell-size clots in wood
Abb.1: Zellengroße kantige Klumpen, wie sie nicht selten in verkieseltem schlecht erhaltenem Holz zu sehen sind. Ausschnitt aus Abb.13 in [1], Bildbreite 0.65mm.

Abb.2 (rechts):
Zellengroße kantige Klumpen in Kieselholz mit Schadstellen, außerdem wenige Zellen mit dunkler Füllung in unbeschädigtem Gewebe. Ausschnitt aus Abb.15 in [1], Bildbreite 0.4mm.

Klumpen mit polygonalem Querschnitt können selbstverständlich keine Koprolithen sein. Es ist leicht zu erraten, dass sie nach  dem Innenraum der Zellen geformt wurden, denn fast jeder versteinerte Baum mit Klumpen hat irgendeine Stelle im Holz, wo die Beziehung zwischen Klumpen und Zellen offensichtlich wird, wie in Abb.2. Oben rechts sieht man einige Klumpen in Zellen, die noch nicht zerfallen sind, und die Anordnung der Klumpen unten links passt zur Gewebestruktur. Verschiedene Beobachtungen, auch an jetzigen Bäumen, liefern die mögliche Erklärung, dass die dunkle Füllung mancher Zellen eine Art Holzfäule ist, die später die Zellwände zerstört [4]. In einigen Zellen in Abb.2 liegen kleine Klumpen (anscheinend in einem frühen Wachstumsstadium), die die Zelle nicht ausfüllen.
Ungeachtet der fossilen Belege glauben die Autoren [1] (und andere), die Schäden in Abb.2 seien Fraßstellen von Hornmilben, obwohl kein solches Tier jemals zusammen mit Klumpen im Kieselholz gesehen wurde.

cell-size clots in wood
Abb.3: Perm-Kieselholz von der gleichen Fundstelle wie jenes in Abb.1,2, mit zellengroßen kantigen Klumpen in der geschädigten Hälfte, angeordnet in deformierten Reihen. 
Ausschnitt aus Abb.17 in [2].

Eine Tendenz der Klumpen, zunächst dort zu bleiben, wo sie entstanden sind, ist in Abb.3 noch andeutungsweise erkennbar. Dieses Bild zeigt 4 Merkmale der Klumpen, die eine Deutung als Koprolithen absurd erscheinen lassen: zellengroß und kantig, in leicht verschobenen Reihen, Klumpen pro Fläche ungefähr gleich Zellen pro Fläche. Dieser Befund berechtigt zu der Feststellung: Zu jedem angeblichen Hornmilben-Koprolithen gab es eine Zelle, wo dieser gebildet wurde. Diese Regel wird durch Abb.4 bekräftigt, wo man sieht, dass die Klumpen reihenweise in Zellen wuchsen. Derartiges gibt es auch in Fossil Wood News 3clots in cells

Abb.4: Klumpen, reihenweise in Zellen wachsend, noch nicht die Zelle ausfüllend, aber anscheinend an einer Stelle mit der Zellwand verbunden. Ausschnitt aus Abb.4F in [3], dort
als Koprolithen gedeutet.

Die Argumente gegen die Deutung als Koprolithen sind nicht neu. Sie wurden den Autoren [1] seit 2007 wiederholt präsentiert.
2010 ersetzte R. Rößler die "Hornmilben" durch "unbekannte Tiere" [2] und 2012 durch "neue Detritusfresser" [5], aber 2014 lässt er die "Hornmilben" wieder aufleben [1]. Statt Diskussionen auf der Grundlage fossiler Belege zu pflegen, wird das Festhalten am Milbenkot damit begründet, dass auch Andere es tun. Jene, die der gleichen Fehldeutung verfallen sind, zerstreuen mögliche Selbstzweifel und schaffen sich ein trügerisches Gefühl der Sicherheit durch gegenseitiges wohlwollendes Zitieren, was sie in der Haltung bestärkt, Argumente ignorieren zu können. Im vorliegenden Falle halten sie sich an zwei einfache Merkmale, die zu ihrer einfachen Vorstellung passen: dunkle Klumpen als Koprolithen, Hohlräume als Fraßgänge. Andere Merkmale, die nicht dazu passen, nehmen sie nicht zur Kenntnis.
Im Kieselholz der Fundstelle Crock (wie auch in anderem Kieselholz) gibt es so schmale Hohlräume, dass keine Milbe hindurch kriechen konnte, aber diese sind in [1] nicht erwähnt. 
Jede Höhle infolge Milbenfraß muss einen Ausgang haben, durch den die Milbe vor dem Verkieseln entfloh, denn niemals wurde eine Milbe im Innern gefunden. Auf den Querschnitten sind jedoch keine Ausgänge zu sehen, und die in [1], S.61, erwähnten wenige mm langen Gänge in Längsrichtung konnten nicht als Fluchtwege dienen
Abschließend ist festzustellen, dass es im hier beschriebenen permischen Kieselholz weder Koprolithen noch Milben gab, und dass allen Schlussfolgerungen auf der Basis von
Koprolithen und Milben in [1] und anderen Publikationen jegliche Basis fehlt.
Mehr Beispiele für Ähnliches sind unter "Holzfäule oder Koprolithen" zusammengestellt.

H.-J. Weiss     2015

[1]  R. Rößler, R. Kretzschmar, Z. Feng, R. Noll: Fraßgalerien von Mikroarthropoden in Konifernhölzern des frühen Perms von Crock, Thüringen.
       Veröff. Mus. Naturkunde Chemnitz 37(2014), 55-66.
[2]   M. Barthel, M. Krings, R. Rößler: Die schwarzen Psaronien von Manebach, ihre Epiphyten, Parasiten und Pilze. Semana 25(2010), 41-60.
[3]  Zhuo Feng, Jun Wang, Lu-Yun Liu :
       First report of oribatid mite (arthropod) borings and coprolites in Permian woods from the Helan Mountains of northern China.
       Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology 288(2010), 54-61.
[4]  F. Schwarze: Fungal strategies of wood decay in trees. Springer, Berlin 2004.
[5]   Zhuo Feng, Jun Wang, Lu-Yun Liu, R. Rößler:  A novel coniferous tree trunk with septate pith ...    Int. J. Plant Sci. 173(2012), 835–848. 
quartz crystal with wood inside
Fossil Wood News  23

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