Horneophyton
ist eine der 4 Landpflanzen, die im Hornstein von Rhynie
(Schottland) als erste entdeckt wurden [1]. Trotzdem ist es bisher
nicht gelungen, eine Verwandtschaft mit anderen fossilen oder lebenden
Pflanzen zu erkennen, hauptsächlich wegen der einzigartigen verzweigten
Sporenkapseln (Sporangien). Einzigartig ist nicht nur deren Form,
sondern auch deren Inneres: Ein entsprechend verzweigter Strunk
erstreckt sich in jeden Teil der Kapsel und bildet dort eine zentrale
Säule. (Eine solche Säule ist in den Sporangien der Hornmoose vorhanden
und wird als Columella bezeichnet. Somit besteht eine Ähnlichkeit
zwischen Horneophyton und
den Hornmoosen, aber die
Ähnlichkeit der Namen ist zufällig.) Der besondere Bau der Sporangien
war in [2] in einer einfachen schematischen Skizze veranschaulicht
worden (Abb.1).
Abb.1: Übliche Darstellung des Horneophyton-
Sporangiums, aus [2].
Abb.2 (rechts): Horneophyton-
Sporangien, mit oder ohne Sporen, auf einer Schnittfläche im
Rhynie- Hornstein. (Schnitte anderer
Pflanzenteile wurden hier weggelassen.) Man beachte den schlauchartigen
Zweig eines Sporangiums (am linken Rand), den großen Beutel mit zwei
kleinen Columella-Querschnitten (Mitte), die dicke Basis der
verzweigenden Columella (am rechten Rand). Zwei Columella-Querschnitte
in einem zweilappigen Sporangienquerschnitt (am linken Rand) lassen
erkennen, dass das Sporangium mindestens vier Lappen hatte.
Ungeachtet der Tatsache, dass die realen Formen viel
unregelmäßiger sind [2,3], wurde die Skizze in Abb.1 mehrfach
nachgezeichnet, mit kleinen Änderungen aus urheberrechtlichen Gründen,
anscheinend von Leuten,
die niemals ein solches Sporangium selbst gesehen hatten, und in
Lehrbüchern und im Internet als wahre Form angeboten.
Obwohl es schwierig ist, eine typische Form aus zufällig
orientierten Schnitten wie in Abb.2 zu erkennen, wurde bald klar, dass
die Sporangien in Form und Größe stark variieren und wenig Ähnlichkeit
mit Abb.1 haben. Sie können einfach geformt sein mit nur einem (?) oder
zwei Zweigen, aber niemals so gleichmäßig geformt wie in Abb.1, und
gelegentlich können sie
so bizarr aussehen wie in Abb.3.
Abb.3: Veranschaulichung möglicher Formen des Horneophyton-
Sporangiums als Gegensatz zur üblichen symmetrichen Darstellung
(Abb.1), ursprüngliche Gabelung überlagert durch
Asymmetrie. Frei nach eigenen Beobachtungen.
Abb. 4 (rechts):
Querschnitte von Horneophyton.
Rechts: Spross mit runzeliger Oberfläche (vertrocknet) und
symmetrisch gegabeltem Leitbündel. (Der dritte dunkle Fleck besteht aus
Pilzsporen.) Links: Querschnitt eines Sporangiums im unteren Bereich,
wo die Columella noch nicht geteilt und noch an einer Seite mit der
Wand verbunden ist. Die beginnende Gabelung ist erkennbar.
Das an den aufrechten Trieben realisierte Prinzip der
Gabelung (Abb.4) ist auch bei den Sporangien vorhanden, was man an
Schnitten im unteren Bereich erkennt (Abb. 4,5,6), wird aber dort von
einer Tendenz zur Asymmetrie
überlagert. Es ist bemerkenswert, dass Übergänge von der Gabelung zu
asymmetrischer Verzweigung an mehreren Stellen im Pflanzensystem schon
früh und unabhängig voneinander entstanden sind.
Abb. 5 (links): Schnitte von Horneophyton:
anscheinend einfach geformte Variante des Sporangiums
mit geteilter Columella, darunter Spross mit
gegabeltem Leitbündel.
Abb. 6 (rechts): Querschnitt eines Horneophyton- Sporangiums
im unteren Bereich, wo die Zweige der Columella noch nicht getrennt
sind. Die Sporen sind in Vierergruppen
(Tetraden) angeordnet. Links im Bild sind die Zellen der Epidermis
sichtbar, hier von innen gesehen. Breite des Querschnitts 2.8mm.
Aus den Bildern kann man folgendes erkennen: Während Abb.1
eine
Ähnlichkeit mit
den Sporangien der Hornmoose suggeriert (und wahrscheinlich von deren
Kenntnis beeinflusst war), sind die wirklichen Formen eher unähnlich.
Es ist ein noch ungeklärtes Problem, ob diese durch Verwachsen
einfacher Sporangien entstanden sind oder
durch fortschreitende Komplizierung.
H.-J. Weiss
2006
[1] R.
Kidston, W.H. Lang : On Old Red Sandstone plants
showing structure, Part II.
Trans. Roy Soc. Edinburgh
52(1920),
603-627.
[2] D.A.
Eggert : The sporangium of Horneophyton lignieri.
Amer. J. Bot. 61(1974), 405-413.
[3] W.El-S.
El-Saadawy, W.S. Lacey : The sporangia of
Horneophyton lignieri.
Rev. Palaeobot. Palyn. 28(1979),
137-144.