Eine besondere Art zu kriechen  -   Aglaophyton neu betrachtet
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Die häufigste Pflanze im Hornstein von Rhynie wächst, wie in letzter Zeit oft dargestellt, in Bögen über den Boden, aus denen sich senkrechte Sprosse erheben. Die Bögen ergeben sich angeblich daraus, dass die Sprosse mit zunehmender Höhe instabil werden und umfallen [1]. Diese Deutung, vielleicht durch den Anblick von Brombeer-Ranken nahegelegt, wurde seit der Umbenennung (1986) der früher als Rhynia major bekannten Pflanze in Aglaophyton nicht angezweifelt [1].
Mit 5mm dicken und nicht mehr als 20cm hohen Sprossen ist Aglaophyton nicht schlank und schlaff. Jetzige Pflanzen mit solchen Maßen fallen nicht um. Deshalb ist diese Deutung abzulehnen. Das wird durch fossile Belege bestätigt. Unter den wenigen zufällig längs geschnittenen Bögen gibt es sehr kleine, die nicht durch Umfallen erklärt werden können: Die Skizze in Abb.2 zeigt, wie der halbe Bogen in Abb.1 erklärt werden kann: Eine Zinke der Gabel wächst nach unten. (In Abb.1 erkennt man die senkrechte Richtung an den Wurzelhaaren, die am Querschnitt einer anderen Achse neben dem Ende des Bogens sichtbar sind.) Abb.3 zeigt ein ähnliches Beispiel.
Es kann also als gesichert gelten, dass Aglaophyton nicht umfiel wie in [1] angenommen, sondern nach unten wuchs um den Boden zu berühren, Wurzelhaare auszubilden, und wieder nach oben zu wachsen [2]. Es wäre interessant zu wissen, ob es andere Pflanzen gab oder noch gibt, die diese eigenartige von Aglaophyton erfundene Art des Kriechens nutzen.
Aglaophyton-Achse mit Abwärts-BogenSchematische Darstellung des bogigen Wuchses von AglaophytonGabel und Bogen von Aglaophyton
Abb.1 (links außen): Nach unten wachsende Aglaophyton-Achse;  Krümmungsradius ca. 1cm.

Abb.2: Prinzip der Bogenbildung ohne Umfallen.
(Ein aufsteigender Bogen ist hier zu sehen.)



Abb.3 (rechts): Fundstück eines Rhynie-Hornsteins mit Aglaophyton, an dessen unbearbeiteter Oberfläche zufällig je ein planarer Schnitt einer bogenförmigen und einer gegabelten Achse vorhanden sind;  Krümmungsradius ca. 1,5cm.

Es kann also als gesichert gelten, dass Aglaophyton nicht umfiel wie in [1] angenommen, sondern nach unten wuchs um den Boden zu berühren, Wurzelhaare auszubilden, und wieder nach oben zu wachsen. (Diese Erkenntnis wurde zum 3. Hornstein-Treffen, Chemnitz 2004, bekannt gegeben.)
Es wäre interessant zu wissen, ob es andere Pflanzen gab oder noch gibt, die diese eigenartige von Aglaophyton erfundene Art des Kriechens nutzen.

H.-J. Weiss     2008

[1] David S. Edwards, Aglaophyton major, a non-vascular land-plant from the Devonian Rhynie Chert,
      Bot. J. Linn. Soc. 93(1986), 173-204.
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