Unter den 7 "höheren" Pflanzen, die bisher im Rhynie Chert gefunden
wurden, ist Asteroxylon
die größte und am höchsten entwickelte. Ansehnliche Rekonstruktionen in
Monografien und im Internet zeigen die Pflanze mit breiten Sporangien
auf einem kurzen Stiel seitlich am aufrechten Spross ansitzend, womit
sie auffällig einem rezenten Bärlapp ähnelt (Abb.1).
Abb.1: Asteroxylon,
eine der üblichen Darstellungen: Zeichnung in [1] nach einem
Wachsmodell von Bhutta [2],
offenbar nachträglich an das Aussehen eines rezenten Bärlapps
angepasst.
Abb.2: Asteroxylon,
Längsschnitt mit zwei Sporangien, Zeichnung nach Foto in [3].
Anders als die häufig im Hornstein vorhandenen und leicht erkennbaren
Sporangien von Aglaophyton und Horneophyton
sind die Sporangien von Asteroxylon problematisch.
Ein Foto in [3]
ist möglicherweise das einzige Bild, das deutlich die seitliche
Anordnng und den Längsschnitt zeigt (Abb.2). Fundstücke mit Asteroxylon
und zugehörigen Sporangien wie jene, die von Lyon gefunden
und an Bhutta
[2] zur Auswertung übergeben wurden, sind selten.
Zweifel an der Rekonstruktion in Abb.1
ergeben sich aus deren mehrstufiger Herstellung: Wie in [1] erwähnt,
ist es eine Zeichnung nach einem Wachsmodell im National-Museum in
Edinburgh,
das Bhutta
nach einer Bilderserie von Peels angefertigt
hatte, die ein wesentlicher Teil seiner Dissertation [2] war, wo auch
das Modell in mehreren Fotos dargestellt ist. Daraus wird
offensichtlich, dass Abb.1 eine idealisierte Rekonstruktion
ist, angepasst an einen rezenten Bärlapp. Nach [2]
sind die Sporangien “etwas nierenförmig" und "können unterschiedlich
stark verzerrte Formen haben", was für eine größere Variabilität
spricht, als von Abb.1 suggeriert wird.
Eigene Untersuchungen haben einige kleine rundliche Schnitte von
Sporangien neben Asteroxylon
auf Hornstein-Schnittflächen geliefert, aber keine breiten Schnitte,
die von Sporangien zu erwarten wären, die wie in Abb.1 geformt sind.
Die Sporangien neben Asteroxylon-Xylem
in Abb.3 sind nicht leicht zu deuten, denn was im Hornstein nahe
beieinander liegt, muss nicht zusammen gehören. Asteroxylon und
die kleinere Pflanze Nothia
liegen oft nebeneinander im gleichen Fundstück, und Schnitte vonNothia-Sporangien
sind ähnlich denen in Abb.3. Bevor Nothia
1964 von Lyon
als neue Art erkannt worden war [3], wurde das Fossil als Asteroxylon-Zweige
fehlgedeutet. Weil die zwei Arten meist in einem geschädigten Zustand
vorliegen, wobei die besser haltbaren Teile, Xylem und Kapseln, nicht
mehr einander zugeordnet werden können, scheinen Unsicherheit und
Verwirrung unvermeidlich zu sein.
Abb.3: Schnitte zweier Sporangien, oder zweier Enden eines gegabelten
Sporangiums, teilweise mit Quarzkristallen gefüllt, mit wenigen
restlichen Sporen. Man beachte den Querschnitt eines Asteroxylon-Xylems
rechts oben, auch das waagerechte Achatband, aus dem auf die Lage der
Pflanze während der Verkieselung zu schließen ist. Bildbreite 5mm.
Unterschiede in anderen anatomischen Einzelheiten deuten möglicherweise
auf die Existenz von mehr als einer Asteroxylon-Art im
Rhynie Chert hin [4], was die Unterschiede der Sporangien (teilweise)
verständlich
machen könnte. Bei einem solchen Stand der Dinge sollte man nach
fossilen Belegen suchen, die nicht mit Abb.1 verträglich sind, wobei
daraufzu achten ist, dass nicht die vielleicht auch vorhandenen
Sporangien von Nothia
als jene von
Asteroxylon
fehlgedeutet werden, wie es mehrmals zuvor geschehen war.
Die Anordnung der zwei Schnitte in Abb.3 sieht nicht wie zufällig aus.
Anscheinend erstrecken sich die Hohlräume in die Tiefe und vereinigen
sich möglicherweise dort. In letzterem Falle wäre das Sporangium unten
breit und oben in zwei Enden auslaufend. Eine Deutung von Abb.3 als ein
gegabeltes Asteroxylon-Sporangium
wäre unverträglich mit Abb.1.
Es ist das Ziel dieses Beitrags, die Aufmerksamkeit auf die
Frage zu lenken, wie weit Asteroxylon
von der
gängigen Rekonstruktion abweicht.
H.-J. Weiss
2014
[1] W.N. Stewart,
G.W. Rothwell:
Paleobotany and the Evolution of Plants. Cambridge 1993.
[2] A.A. Bhutta:
Studies on the Flora of the Rhynie chert. Ph.D. thesis, University of
Wales, Cardiff, 1969.
[3] A.G. Lyon:
Probable fertile region of Asteroxylon
mackiei. Nature 203(1964), 1082-83.
[4] W. Remy, H.
Hass:
Langiophyton mackiei, ... , Addendum. Argumenta Palaeobot.
8(1991),
69-117.