Aglaophyton major,
bekannt noch unter
dem alten Namen Rhynia
major [1], ist eine der Pflanzen im Rhynie Chert, deren
Stellung im
Pflanzensystem noch nicht geklärt ist. Das Fehlen typischer Tracheiden,
kenntlich an „Verstärkungen“ der Zellwand, führte D.S. Edwards [2] nach
Vergleich mit der Anatomie der Moose zu der Schlussfolgerung,Rhynia major sei
keine
„höhere“ Pflanze und
folglich nicht verwandt mit Rhynia
gwynne-vaughanii, was für ihn ein
hinreichender Grund für eine Umbenennung war. Unerklärlich blieb dabei
die
Tatsache, dass, abgesehen vom Feinbau der wasserleitenden Zellen, beide
Pflanzen mehr Ähnlichkeiten zueinander haben als zu irgend einer der
anderen
Pflanzen des Rhynie Chert. Besonders auffällig ist die Ähnlichkeit der
Sporangien: Bei beiden Pflanzen ist die Sporangienwand 3-lagig. Die
äußere Lage
erkennt man im Querschnitt leicht an ihrer zaun-artigen Anordnung der
Zellen
mit einer schwach spiraligen Orientierung in Längsrichtung, die das
Sporangium
in Seitenansicht verdreht aussehen lässt. (Das Sporangium hat sich
nicht
infolge des Aufplatzens verdreht, wie in [2] vermutet.)
Diese und
andere Ähnlichkeiten
fördern den Verdacht, beide
Pflanzen seien nicht so grundverschieden, wie es aus dem Fehlen der
typischen Wandverstärkungen der
Tracheiden geschlossen wurde [3]. Deshalb ist es
interessant, nach
weiteren Argumenten für die eine oder andere Deutung zu suchen. Ein
Argument
kommt unerwartet von einem Fundstück mit ungewöhnlich guter Erhaltung,
das
einen vermutlich bisher einmaligen Anblick von Aglaophyton bietet.
Der
„Hexenring“ aus deutlichen hellen Punkte kann kaum zufällig sein,
obwohl er in
dieser Regelmäßigkeit nur auf einem einzigen Querschnitt beobachtet
wurde. Auf
anderen Querschnitten bilden die hellen Punkte, wenn vorhanden, keinen
vollen
Kreis oder sind mehr verstreut.
Foto: Querschnitt von
Aglaophyton mit ungewöhnlichem „Hexenring“, der eine Deutung
als Protoxylem im Leitbündel einer Gefäßpflanze nahelegt. Man
beachte auch die zufällig geschnittene Spaltöffnung rechts am
Außenrand.
Fundstück:
Rh2/73, 0.29kg, Teil 1, 2002
erhalten von J. Shanks.
Eine mögliche Erklärung besteht darin, dass Zellen
unterschiedlichen Typs leicht unterschiedliche chemische Beschaffenheit
haben
oder während der Zerfallsprozesse entwickeln, was einen kleinen
Unterschied in
der Mineralisierung zur Folge hat, der hier einen extrem starken
optischen
Kontrast hervorbringt. (Es ist nicht ungewöhnlich, dass kleine
anfängliche
Unterschiede über komplexe Prozesse zu sehr unterschiedlichen
Endzuständen
führen.). Die weißen Punkte kommen wahrscheinlich durch starke
Reflexion an
feinkörnigem Quarz zustande, im Gegensatz zum mehr oder weniger
lichtschluckenden Chalzedon. Anscheinend liegt hier ein sehr seltener
Fall vor,
wo die Prozesse so gleichmäßig und ungestört abgelaufen sind, dass nur
ein
bestimmter Typ von Zellen von dem kontrastbildenden Prozeß erfasst
wurde. Der
Vergleich mit der bekannten Anordnung verschiedener Gewebe in
primitiven
Gefäßpflanzen legt nahe, dass hier das Leitbündel aus Xylem mit 6
Protoxylem-Strängen
besteht.
Diese
Deutung kann
als weiteres Argument dafür dienen, dass Aglaophytonsich
nicht so sehr
von den
echten Gefäßpflanzen (Tracheophyten) unterscheidet wie in [2]
angenommen,
sondern einfach eine ungewöhnliche Gefäßpflanze ohne die typischen
Wandverstärkungen der Tracheiden ist.
H.-J. Weiss
2005
[1] R.
Kidston, W.H. Lang: On Old Red Sandstone plants showing
structure from the Rhynie Chert
bed, Part II,
Trans. Roy. Soc.
Edinburgh 52(1920), 643-80.
[2] David
S. Edwards:Aglaophyton
major, a non-vascular
land-plant from the Devonian Rhynie Chert,
Bot. J. Linn. Soc. 93(1986), 173-204.
[3] Dianne
Edwards : A review of the sporophytes of embryophytes
in the cherts at Rhynie,
Trans. Roy. Soc. Edinburgh, Earth
Sciences 94(2004 for 2003), 397-410.