Ein kleiner Samenfarn-Stamm mit seltsamer Struktur
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Medullosen, eine Gruppe von Samenfarnen, gelten als die interessantesten und rätselhaftesten Pflanzenfossilien des frühen Perm [1]. Die wissenschaftliche Bearbeitung, beginnend mit B. Cotta (1832), erfolgte an Funden von Chemnitz [2,3], wo Erdarbeiten auf Baustellen damals und jetzt noch Samenfarne als seltene Komponente unter anderen versteinerten Baumstämmen lieferten. Wenn man bedenkt, dass das Döhlener Becken ähnlich gelagert und nur 50km von dem fossilführenden Gebiet in Chemnitz entfernt ist, kann man sich wundern, warum hier anscheinend kein Samenfarn-Stamm außer dem kleinen Bruchstück in Abb.1 gefunden wurde, obwohl andere Pflanzenfossilien, darunter Stämme und Laub von Baumfarnen, reichlich in Hornsteinen überliefert sind. Vielleicht ist das Stück gar nicht von hier: Das gelb-braune Aussehen ist nicht typisch für Fundstücke aus dem Döhlener Becken, und da es zwischen verstreutem Geröll mit Feuerstein gefunden wurde, kann es von einem eiszeitlichen Wasserlauf gebracht worden sein.

Abb.1, unten: Bruchstück eines Samenfarn-Stammes, Querschnitt, vor dem Verkieseln wenig deformiert, mit strukturiertem Zentrum, umgeben von 2cm dickem Holz. Breite des Fundstücks 40mm.Seed fern stem fragment
Wood of seed fern stem cross-sectionAbb.2: Holz als Hauptbestandteil des Samenfarn-Stammes in Abb.1. Größe der Zellen 80-100µm.

Abb.3, unten: Sklerotische Struktur im Zentrum des Baumfarn-Stammes, Ausschnitt aus Abb.1. Bildbreite 10mm.


Sclerotic structure in the center of the seed fern stem
Sclerotic structure in the seed fern stem center
Abb.4: Sklerotische Bänder im Zentrum des Baumfarn-Stammes, Ausschnitt aus Abb.1, gleiche Größe. Die Orientierung der U-förmigen Teile ist rechts angedeutet.


Offensichtlich ist das Zentrum mit den dunken Bändern in einer anscheinend unstrukturierten Matrix klein im Vergleich zum umgebenden Holz. Außen ist das Holz nicht gut erhalten, zusammengedrückt und vielleicht teilweise verschwunden, weshalb der Radius des Stammes größer gewesen sein muss.

Die Bänder sind die Besonderheit, die genauer zu betrachten ist. Das innerste Band ist ein geschlossener Ring (auf dieser Schnittfläche nicht zu sehen), so dass man annehmen kann, alle Bänder seien geschlossen und folglich Querschnitte einer rohr-artigen Struktur längs des Stammes. Die im äußeren Band sichtbare Lücke ist wahrscheinlich durch Zerreißen vor dem Verkieseln entstanden.
Jedes Band besteht aus kleinen Querschnitten einzelner Stränge (Abb.5), nebeneinander kettenartig angeordnet,
ungefähr 30 im kleinen innersten Band und 300 im äußeren. Cross-sections of sclerotic strands in seed fern

Abb.5:  Querschnitte sklerotischer Stränge im Zentrum des Samenfarns. Bildbreite 2mm.

Jeder Querschnitt eines Stranges besteht anscheinend aus sklerotischen Zellen, mehr oder weniger regelmäßig in 1 bis 4 Reihen zu je 4 bis 10 Zellen angeordnet. Die Reihen sind 0.3 bis 0.8mm lang. Die Enden der Stränge sind nicht gleich: Ein Ende ist mehr oder weniger gerundet, das andere ist mehr kantig, so als sei etwas abgerissen, folglich sind die Querschnite mehr oder weniger U-förmig. Alle U eines Bandes sind gleichgerichtet bezüglich des Bandes: alle nach innen oder nach außen. Alle Stränge im äußeren Band sind so gerichtet, dass die Öffnung des U nach außen zeigt.
Nicht zu sehen auf dieser Schnittfläche ist der wechselnde Zusammenhang (einiger) der Bänder längs des Stammes. Es ergibt sich die Frage, wie weit die Bänder zu Strukuren anderer Samenfarne analog sind, und was deren Zweck sein könnte. Ein Hinweis kommt von der Beobachtung, dass stellenweise am äußeren Band außen Holzreste undeutlich sichtbar sind. Sehr schwache Andeutungen zuvor vorhandenen Holzes gibt es auch an den anderen Bändern, immer an der Seite, wo die U-förmigen Querschnitte offen sind.
Wenn man das verschwundene Holz in Gedanken hinzufügt, erkennt man eine Ähnlichkeit mit den "Sternringen" und größeren Komponenten von Medullosa stellata and Medullosa leuckartii. (Struktur und Gewebe paläozoischer Samenfarne und deren Deutung wurden in [4,5] diskutiert, wobei deutlich wurde, dass die Sache komplex ist.)
Bedenkt man, dass das äußere Holz des vorliegenden Fundstücks gut erhalten ist und dass die Holzteile der Medullosen es gewöhnlich auch sind, erfordert deren Reduktion auf wenige Zellreihen, die eine sklerotische Struktur bilden, hier im Schnitt als Bänder erscheinend, eine Deutung.
Es ist denkbar, dass die kleine Menge Sekundärholz im Mark für die ausgewachsene Pflanze nicht mehr nützlich war und deshalb abgebaut wurde, mit Ausnahme eines kleinen anfänglichen Teils, der zu Sklerenchym wurde, um eine faserige zugfeste Komponente zu erhalten, die bei rankendem Wachstum nützlich ist.
Gefunden 1994 bei Pesterwitz nahe Freital, aufbewahrt in der eigenen Sammlung unter Pe/6.

H.-J. Weiss     2013


[1] R. Rößler: Der versteinerte Wald von Chemnitz. Museum f. Naturkunde Chemnitz 2001.
[2]  B. Cotta: Die Dendrolithen in Bezug auf ihren inneren Bau. Leipzig und Dresden 1832.
[3]  O. Weber, J.T. Sterzel: Beiträge zur Kenntnis der Medullosen, Ber. Naturwiss. Ges. Chemnitz 13(1896), 44-143.
[4]  R.W. Baxter: Some pteridosperm stems and fructifications with particular reference to the Medullosae,
      Annals Missouri Botanical Garden 36(1949), 287-353.
[5]  T.N. Taylor, E.L. Taylor, M. Krings: Paleobotany, Acad. Press 2009.
quartz crystal with wood inside
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