Ein neuer Typ des Gametophyten von Rhynia ?
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Der Gametophyt* von Rhynia gwynne-vaughanii wurde erstmals im Jahre 2000 abgebildet, ohne dass er als solcher erkannt worden war [1], und später von H. Kerp et al. als Remyophyton delicatum gründlich beschrieben und zur Rhynie Chert -Konferenz 2003 vorgestellt [2].
Ein kleines Stück Hornstein (0.4kg), im gleichen Jahr weitab von der Fundstelle des Typusexemplars gefunden, lieferte einige kugelige Objekte, seitlich an einer Achse ansitzend (Abb.1). Obwohl ihre seitliche Stellung zu keinem der bekannten Gametophyten passt, suggeriert ihr Aussehen und besonders ihre Befestigung am Spross mittels eines kurzen Stieles eine Deutung als Antheridien. Die körnige Struktur in Abb.2 rechts könnte ein Rest von reihenweise angeordneten Spermazellen sein.
Antheridien (?), mit kurzem Stiel seitlich an einer Achse sitzend, Rhynia-sporangium nahebei Antheridien (?), mit kurzem Stiel seitlich an einer Achse sitzend,
Abb.1: Kugelige Gebilde ähnlich Antheridien, mit kurzem Stiel seitlich an einer Achse sitzend; Schnitt durch ein Sporangium von Rhynia mit dunklem Trenngewebe.

Abb.2 (rechts): Ausschnitt von Abb.1, körnige Struktur im rechten Gebilde.

Außerdem enthält das Fundstück Achsen, die wegen der typischen warzenartigen Höcker und des Durchmessers von 1-2mm zweifellos Rhynia zuzuordnen sind. Es gibt hier auch Sporangien des Rhynia-Typs. Zufällig ist ein schräger Schnitt eines solchen Sporangiums in Abb.1 zu sehen. Das dunkle Gewebe wird in [3] als Sollbruchstelle gedeutet.
Somit hat man hier die Situation, dass ein Stück Hornstein mit Rhynia etwas enthält, das eine Deutung als Gametophyt nahelegt, der deutlich verschieden von Remyophyton [2] ist (siehe die Tabelle und Abb.3).

Fundstück: Rh6/36.1 (0.4kg),  2003 gefunden von S. Weiss.

Remyophyton (männl.), nach [2] dieser Fund
Spross:                  Durchmesser  [mm]
Globulen:               Form
                             Höhe
                             Breite
                             Anordnung
                             Länge des Stiels
0.4 ...0.6, selten größer
etwas breiter als hoch
0.21 ...0.38
0.24 ...0.42
am flachen oberen Ende
0.04 ...0.09
1.2
etwas höher als breit
0.6
0.54
seitlich ansitzend
< 0.04

Vergleich von Remyophyton und diesem Exemplar, ZeichnungAbb.3 (rechts): Antheridien auf Remyophyton delicatum (links), nach [2];  Globulen (Antheridien oder was sonst ?), seitlich angeordnet wie auf der Schnittfläches dieses Fundes zu sehen (rechts).

Für Deutungsversuche dieser Beobachtungen gibt es mehrere Möglichkeiten:
(1) Remyophyton delicatum ist möglicherweise so variabel, dass die Definition in [2], die anscheinend auf nur einem Fundstück beruht, nicht umfassend genug ist.
(2) Was man in diesem Fundstück sieht, könnte ein Gametophyt eines bisher unbekannten Sporophyten sein.
(3) Die am Spross ansitzenden Globulen könnten durch einen Pilzes verursacht sein, der zufällig Antheridien früher Landpflanzen vortäuscht.
(4) Anmerkung 2021:
Die Globulen könnten Brutkörper sein, wie in [4] für ein anderes Fundstück ausführlich beschrieben.

* Es sei daran erinnert, dass die Pflanzen aus dem Hornstein von Rhynie ebenso wie die heutigen Farne abwechselnd sporentragende und sexuelle Generationen hervorbringen. Die Gametophyten der Farne sind winzig, aber die der frühen Landpflanzen sind nicht viel kleiner als die Sporophyten.

Anmerkung 2021: Die Deutung seitlich ansitzender Globulen als Brutkörper in [4] wird hier als wichtig betrachtet bezüglich des vorliegenden Fossils.
Fig.3B in [4] soll sich von Fig.3A in Ansicht und Vergrößerung unterscheiden, ist aber das gleiche Bild, nur leicht verdreht und mit sehr wenig anderer Tiefenschärfe.
Wenn die Angabe 100µm für Fig.3C in [4] richtig it, dann muss
300µm für Fig.3D gelten.

H.-J. Weiss         2007,   überarbeitete Version 2010,  2021

[1]  C.L. Powell, N.H. Trewin, D. Edwards : Palaeoecology and plant succession …,
    Geol. Soc. London Special Publication 180(2000), 439-57.
[2]  H. Kerp, N.H. Trewin, H. Hass : New gametophytes from the Early Devonian Rhynie chert,
    Trans. Roy. Soc. Edinburgh, Earth Sciences 94(2004 for 2003), 411-28.
[3]  D.S. Edwards : Evidence for the sporophytic status of the Lower Devonian plant Rhynia gwynne-vaughanii,
    Rev. Palaeobot. Palynol. 29(1980), 177-88.
[4]  P. Kearney, H. Kerp, H. Hass : Whole plant regeneration via epidermal cells in the ... Rhynie chert plant Rhynia ...
    Int. J. Plant Sci. 177(6): (2016).
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