Die Calamiten aus den Sümpfen und Flussauen des Karbon und
Perm sind alte Verwandte der heutigen
Schachtelhalme (Equisetum).
Abgesehen von ihrer Größe sind die meisten den Schachtelhalmen ähnlich:
mit Stamm und Zweigen, die vortäuschen, sie
seien aus Teilen zusammengesetzt,
und mit materialsparender Röhrenkonstruktion, zunächst mit Mark
gefüllt, später leer. Die Markhöhle in den Holzröhren wird an den Enden
der Teile enger oder verschwindet zwecks höherer Festigkeit der
Verbindung zwischen den Teilen. Das hier vorgestellte verkieselte
Fragment zeigt ein solches Ende der Markhöhle (Abb.1), aber
mit unerwarteten Zugaben.
Abb.1: Fragment eines verkieselten Calamitenzweiges, Unter-Perm,
Saar-Nahe-Becken. 5.5cm breit.
Die zum Ende der Markhöhle hin zusammenlaufende
Streifung deutet die Grundstruktur des
Calamitenholzes an [1],
dessen Wachstum mit schmalen Holzkeilen beginnt, radial angeordnet, mit
primären Markstrahlen dazwischen, und später, abhängig von der Art,
homogenes Holz ausbilden kann, das sich nur wenig von Koniferenholz
unterscheidet.
Eine innerste Holzschicht von ca. 1mm oder weniger, mit dem charakteristischen
Merkmal der Calamiten, den Carinalkanälen, scheint vor dem Verkieseln
schon zerfallen gewesen zu sein. Die Streifen
sind nicht überall deutlich sichtbar, so dass ihre Zahl nur auf ca. 70
geschätzt werden kann.
Was zufällig wie ein verwittertes Standbild in einer Nische aussieht,
ist nicht leicht zu deuten. Es ist ein hartes Konglomerat
verschiedener Komponenten, verbunden durch bernsteinfarbigen Chalzedon,
unerwartet und auf subtile Weise mit dem umgebenden Holz
verbunden:
Erstens ist es teilweise
hinterschnitten, wobei der hier als dunkle Schatten sichtbare Spalt
wahrscheinlich die verschwundene innerste Holzschicht repräsentiert.
Wenn das so ist, dann muss es früher verkieselt worden sein als das Holz.
Diese Annahme wird gestützt durch einige Negativformen der
verschwundenen Spitzen der Holzkeile (Abb.2) und durch Holzreste in der
Tiefe des Spaltes. Unverstanden bleibt dabei, welche Art von Prozess
die innerste Holzschicht so gleichmäßig auflösen konnte, dass die Wand
des Hohlraums danach noch gleichmäßig gestreift aussieht.
Zweitens, mindestens zwei Details des Konglomerates
sind Auswüchse des Holzes, die in den Hohlraum ragen, was man an
Störungen des Streifenmusters erkennt. Der "Kopf" ist eine hölzerne
Knolle, um die herum die Streifen gebogen sind, als seien es Stromlinien (Abb.3).
Die Knolle hat längs der Oberfläche ausgerichtete Holzzellen. Unten
rechts in Abb.1 gibt es noch eine Verbindung zwischen Holz und
Konglomerat, auch mit Abweichungen im Streifenmuster. Eine Erklärung
solcher Strukturen in der Markhöhle wird hier nicht versucht.
Abb.2: Verschwundene Spitzen der Holzkeile als Eindrücke im Chalzedon
darüber.
Abb.3 (rechts): Calamitenholz, Störung des
Streifenmusters wegen eines in
die Höhle gewachsenen "Holzkopfs".
Am Fundstück ist wie üblich keine Rinde erhalten geblieben.
Das
Holz ist kleinzellig wie Nadelholz: Durchmesser der Tracheiden 30-40µm.
Die sekundären Markstrahlen sind zahlreich und schmal (Abb.4).
Wenig breitere Markstrahlen sind dort, wo im frühen Wachstumsstadium
die primären Markstrahlen waren.
Abb.4: Calamitenholz: Bruchfläche (oben, dunkel) und Wandfläche der leeren Markhöhle
(unten), texturiert gemäß der Zellstruktur.
Abb.5:
Chalzedon-Füllung der Markhöhle an der Rückseite des Bruchstücks,
mit einem Wurzel- Querschnitt (rechts) und Quarz
mit schwarzer Ablagerung (links), wahrscheinlich Hämatit.
Abb.6: Querschnitt der Calamiten-Wurzel in Abb.5, 1.2mm breit.
Das Fundstück in Abb.1 ist nur ca. 2cm dick. Innerhalb dieses Abstandes
verengt sich der Durchmesser der Höhle von ca. 2.5cm an der Vorderseite
auf 1cm an der Rückseite. Dort ist die Höhle mit farbigem Chalzedon
ausgefüllt.
Eingeschlossen ist ein Objekt mit
kreisförmigem Querschnitt (Abb.5,6). Mit großzelligem Mark in der Mitte,
umgeben
von einem Holzring, hat es die Struktur einer winzigen Calamiten-Wurzel, wie in [2] abgebildet als Astromyelon .
Man könnte
sich Wege ausdenken, wie es in die Höhle gelangt sein könnte: im
umgefallenen zerbrochenen Stamm
gewachsen, eingespült zusammen mit den
Krümeln in Abb.1, als weiteres unerwartetes Gebilde aus dem Holz
gewachsen ... Vielleicht muss die Sache ungeklärt bleiben.
Unerwarteter Fund aus dem Aushub eines Schurfes auf einem
Acker bei Schallodenbach, Saar-Nahe-Becken, angelegt
anlässlich einer
Exkursion
unter der Leitung von H. Kerp im Rahmen der IOPC VIII Konferenz, Bonn 2008. Abb.1 eignet sich zur Darstellung einer optischen Täuschung. H.-J.
Weiss 2011
[1] http://steurh.home.xs4all.nl/
[2] T.N. Taylor et
al.: Paleobotany. Elsevier 2009. Fig. 10.52.