Die vergebliche Suche nach den Gyrogoniten von Palaeonitella
hat manchen Paläobotaniker jahrzehntelang frustriert [1]. Aus neuen
Funden ergab sich der unerwartete Verdacht, Palaeonitella erzeuge
gar keine der für
Armleuchter-Algen typischen spiralig verdrehten einzeln ansitzenden
Früchte, sondern dutzendweise glattwandige Oogonien an langen Stielen:
Rhynie
Chert News 73.
Die nicht auffindbaren Gyrogoniten waren nur deshalb ein Problem, weil
die Oogonien nicht bemerkt oder nicht erkannt worden waren. Nach
eigener
Erfahrung können sie leicht fehlgedeutet werden: Rhynie
Chert News 138.
Im hier betrachteten Fundstück waren die Algen
aufrecht stehend verkieselt, so dass auf den senkrechten
Schnittflächen nun einige als ansehnliche Schnitte zu sehen
sind (Abb.1-5).
Was
man hier als "Stamm" und "Äste" sieht, sind nur die Hohlräume, die nach
dem Zerfall des Zellplasmas mit Wasser gefüllt
waren. Anscheinend hatte die Kutikula an der Außenseite das
Eindiffundieren
des SiO2 behindert, so dass es innen nicht
zur schnellen Bildung von Kieselgel und Chalzedon kam. Langsam wachsende
glitzernde Quarzkristalle bedeckten
die
Innenwände. Manche
Teile sind bis jetzt hohl geblieben. Stellenweise ist die Dicke der
Zellwand sehr blass erkennbar,
deutlicher in Abb.4 unten. (Gleiche Vergrößerung
für Abb.1-9.)
Abb.1-5: Charophyt
(Armleuchter-Alge) im Rhynie Chert, als Palaeonitella
bekannt, Astquirle mit wenigen Ästen.
Abb.1 (rechts): Charophyt,
hohl, Stamm
und Äste teilweise abgeschnitten. Bildhöhe 4mm.
Abb.2 (links unten): Charophyt,
teilweise
hohl und mit Quarz gefüllt;
kleines Exemplar unten rechts:
oberes Ende eines Stammes mit einhüllenden Ästen. Bildbreite
2.5mm.
Abb.3: Charophyt,
hohl, Innenseite der Wände mit Quarzkristallen besetzt. Bildbreite
1.5mm.
Abb.4: Charophyt
mit asymmetrisch
gewachsenen Astquirlen,
hohl, Wände innen mit Quarz. Bildbreite
1.5mm.
Abb.5: Charophyt, hohl,
Wände innen mit Quarz. Bildbreite
2.5mm.
Auch mit abgeschnittenen Teilen macht
Abb.1 einen
räumlichen Eindruck, der erkennen lässt, dass die Quirle wahrscheinlich
nicht mehr als 4 oder 5 Äste hatten, so wie anscheinend auch Abb.2-5, aber es gibt hier auch wenige Quirle mit mehr Ästen. Andere Fundstücke haben ansehnliche Querschnitte von Quirlen mit mehr Ästen geliefert (Abb.6-9).
Die
Exemplare
in Abb.6-9
haben gestielte glattwandige Oogonien
(2015 entdeckt, Rhynie
Chert News 139),
was die Abwesenheit der erwarteten Gyrogoniten erklärt.
Abb.6-9: Charophyten: Querschnitte von Astquirlen
mit bis zu 11 Ästen.
Bildbreite 1mm.
Abb.9: Querschnitt
eines obersten Astquirls
mit 11 hellbraunen aufrechten Ästen
und
12 (?) glattwandigen Oogonien. Bildbreite
1mm.
Es zeigt sich ein
Problem, das hier formuliert, aber nicht gelöst
wird: Repräsentiert dieser
Charophyt mit gestielten glattwandigen
Oogonien die angeblich
wohlbekannte Palaeonitella,
deren weibliche Organe bis 2015 unerkannt waren, oder eine neue Art ?
Jedenfalls ist die
Entdeckung der gestielten Oogonien am obersten Quirl
für
den Stammbaum der Charophyten
mit möglicher Verbindung zu den
Landpflanzen relevant.
Fundstücke: Abb.1-5: Rh5/3
(0.6kg), 2001 gefunden von Sieglinde Weiss
nahe Milton of Noth.
Abb.6:
Rh9/86 (0.28kg), 2003
gefunden. Abb.7,8: Rh9/93 (0.6kg), 2011 gefunden von
S.W. Abb.9: Rh10/42 (0.16kg), 2011
gefunden von S.W.
H.-J.
Weiss 2021
[1] R. Kelman, M. Feist, N.H. Trewin, H. Hass :
Charophyte algae from the Rhynie chert,
Trans. Roy. Soc. Edinburgh,
Earth Sciences 94(2004 for 2003), 445-455.